Angeblich sind alles echte Fälle und wahre Begebenheiten. In diesem Jahr stehen die beiden Weihnachtsmediatoren wieder vor einer neuen Herausforderung. Sie müssen sich mit dem Konflikt zwischen Frau Weihnacht und Herrn Virus im Rahmen einer Onlinemediation auseinandersetzen. Die Leserinnen und Leser mögen entscheiden, ob und wo sie sich und die Mediation in der fantastischen Geschichte vom Weihnachtsvirus wiederfinden. Die im Text hinterlegten Links helfen bei der Suche nach der wahren Mediation, indem sie einige Fachbegriffe erläutern. Natürlich meistern Medi & Ator auch diesen Fall auf ihre eigene, wundersame Art und Weise. Wir befinden uns in der Weihnachtszeit des Jahres 2020.
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Der Weihnachtsvirus
Medi & Ator haben die Pandemie bis heute gut überstanden. Sie hatten den Eindruck gewonnen, dass die Mediation krisensicher ist. Also bereiteten sich die leidenschaftlichen Fachmediatoren gerade über Weihnachten auf eine weiter ansteigende Nachfrage vor. Sie vermuteten, dass Weihnachten in der Krise noch konfliktanfälliger daherkomme als sonst. „Die Pandemie ist für uns kein Hindernis, um Ihnen auch in der schweren Weihnachtszeit beizustehen“, lautete Ihr neuer Werbeslogan. Werbung muss nicht gut sein. Sie muss auffallen. Mit dieser Erkenntnis setzten sich die engagierten Mediatoren über alle Bedenken hinweg, ob ein solcher Slogan überhaupt zum Wesen der Mediation passt.
Medi & Ator waren auf alles vorbereitet. Sie hatten ihre technische Ausstattung erweitert und sogar ihr Büro ausgebaut. Zumindest erweckten sie diesen Eindruck. Die Weihnachtsmediatoren verfügten jetzt über zwei weitere Mediationsräume. Die Büroerweiterung war ganz und gar nicht aufwändig, weil es sich ja nur um virtuelle Räume handelte.
„Wir haben gleich eine Mediation“, sagte Ator am dritten Montag der Vorweihnachtszeit. „Ja ich weiß“, antwortete Medi. Weil die Nachfrage nach Mediation in diesem Jahr merklich angezogen hatte, war die Ankündigung nichts Besonderes mehr für sie. Der angekündigte Termin sollte allerdings alles andere als eine Routinemediation werden. Das war Medi völlig klar. „Gut, dass es eine Online-Mediation ist“, sagte sie zu Ator. Medi empfand Onlinemediationen nicht unbedingt als Erleichterung. Dieses Format forderte von ihr eine noch größere Konzentrationsleistung ab. Aber darum ging es ihr gar nicht; zumindest nicht in diesem Moment.
„Ich stelle es mir schwierig vor, die Parteien in einem Raum zusammenzuführen“, sagte sie. Ator hatte ihr von dem Fall erzählt. Deshalb hatte Medi eine Ahnung davon, was sie gleich erwartet. „Es könnte gefährlich werden“, überlegte sie. „Ich hatte deshalb auch schon daran gedacht, ob es nicht besser ist, eine Shuttle-Mediation durchzuführen. Das geht auch online. Ich bin nicht davon überzeugt, dass eine gemeinsame Sitzung, selbst wenn sie online durchgeführt wird, die beste Vorgehensweise ist“, sagte sie zu Ator. „Wieso?“, fragte der, „Bei einer Onlinemediation sind die Medianden doch in physikalisch getrennten Räumen. Sie können sich weder verprügeln noch anstecken. Wo ist also das Problem?“. „Nicht auf der körperlichen Ebene“, antwortete Medi.
„Du weißt, wer unsere Medianden sind?“, vergewisserte sie sich. „Ja, klar“, antwortete Ator. „Frau Weihnacht und Herr Virus; zwei prominente Persönlichkeiten“. „Das macht es nicht gerade leichter“, antwortete Medi. „Ich habe davon schon in der Presse gelesen. Da ist ja richtig was los“. „Dann weißt Du ja, worum es geht.“, sagte Ator. „Ich weiß nur was in der Presse steht“, korrigierte Medi. Seit ihrer Mediationsausbildung liest sie die Presse mit anderen Augen. Sie hat gelernt, zwischen Fakten, Meinungen und Emotionen zu unterscheiden. Jeder hat wohl eine Meinung über die prominente Beziehung. Das hat sie wohl mitbekommen. Darüber wird auch fleißig berichtet. Aber die dahinter liegenden Fakten bleiben oft im Verborgenen. Deshalb fragte sie Ator: „Weißt Du mehr?“. Ator ergänzte, was Frau Weihnacht, die den Termin nachgefragt hatte, ihm am Telefon erklärte: „Frau Weihnacht sagte mir, dass sie unbedingt von Herrn Virus befreit werden wolle. Sie werde von ihm in eine Beziehung gezwungen, die sie absolut nicht haben will. Es scheint eine gewaltvolle Beziehung zu sein. Von Krieg und Kampf ist die Rede. Frau Weihnacht will die Trennung um jeden Preis. Herr Virus scheint sich mit Händen und Füßen dagegen zu wehren. Als ich Frau Weihnacht fragte, ob sie Herrn Virus zum Termin mitbringen könne, antwortete sie, dass dies überhaupt kein Problem sei. Sie habe ihn ohnehin ständig am Hals. Auch bei einem Onlinetermin hatte sie keine Sorge, dass Herr Virus ausbleiben könnte. Also haben wir den Termin ausgemacht und der fängt in einer ¾ Stunde an“.
Medi war sich gerade gar nicht so sicher, ob Ator daran gedacht hatte, dass sich die Parteien ja auch bei einer Onlinemediation in gewisser Weise im selben Raum befinden. Zugegeben, sie haben keinen körperlichen Kontakt. Anders als bei einer Präsenzmediation, wo die Parteien so gesetzt werden, dass sie sich nicht anschauen müssen, werden sie in einer Onlinemediation jedoch permanent mit dem Konterfei ihres Feindes konfrontiert. Das bedeutet, Frau Weihnacht sieht ihren vermeintlichen Blutsauger ständig vor Augen und Herr Virus blickt die ganze Zeit auf das Subjekt seiner Begierde. Medi zweifelte daran, dass diese Perspektive für ein Gespräch förderlich sein könnte, wo es darum geht, den Fokus aus dem Problem herauszuführen und den Parteien zu helfen, ihre Sichten aufeinander zu verändern. Sie musste aber auch einräumen, dass sie mit der Onlinetechnik noch nicht so sehr vertraut war. Deshalb fragte sie: „Hast du eine Idee, worum es genau geht?“. „Ja“, antwortete Ator, „Es geht um eine Scheidungsmediation. Frau Weihnacht sieht sich in einer Zwangsehe. Sie wird Herrn Virus nicht los. Aber mach‘ Dir keinen Kopf. Ein Mediator sollte nicht an die Lösung denken“. Sein Tonfall deutete an, dass er mit Problemen, die eine Mediation in Frage stellen, vor einer Mediation nicht gerne konfrontiert wird. Medi verzichtete deshalb darauf, Ator auf seine im Passiv gehaltene Formulierung, dass Frau Weihnacht befreit werden wolle, anzusprechen. Dazu sah sie sich als Mediatorin weder zuständig noch in der Lage. Medi wusste, dass Frau Weihnacht sich nur selbst befreien kann. Sie assoziierte den neuen Werbeslogan, über den sie und Ator viel diskutiert hatten. Obwohl es darum ging, Konzessionen an die Sprache der Werbung zu machen, hatten sie sich aus gutem Grund auf das Wort beistehen und nicht auf das Wort retten verständigt. Sie war deshalb neugierig, ob Frau Weihnacht die vermeintliche Ohnmachtsbekundung wirklich so formuliert hatte. Ator hingegen bekräftigte seinen Standpunkt, indem er versuchte, die Diskussion mit einer Killerphrase zu beenden. „Man muss keine Probleme sehen, wo noch keine sind“, bekräftigte er seinen Standpunkt.
Medi fühlte sich nicht wohl dabei. Nicht nur um zu beweisen, dass Killerphrasen bei Mediatoren nicht verfangen, sondern auch, weil sie nicht gerne unvorbereitet in eine Mediation geht, hakte sie nach: „Deine Konfliktanalyse ist, dass die beiden einen Beziehungskonflikt haben, richtig?“. „Das und ein dickes Problem“, antworte Ator. „Frau Weihnacht will ein Virus-Distancing. Herr Virus zwingt sie jedoch zu einem Social-Distancing. Er bedrängt sie wie ein Stalker. Das zu lösen ist das Problem. Dem liegt der Beziehungskonflikt zugrunde, wo beide ganz unterschiedliche Vorstellungen über ihre Beziehung und darüber haben, was ihre Beziehung und letztlich ihre Existenz ausmacht. Deshalb kann ich mir auch noch vorstellen, dass es systemische Ursachen gibt, die Einfluss auf die Wertevorstellungen nehmen. Aber das muss sich erst noch zeigen“.
Medi war überrascht. Ator hatte sich offenbar doch Gedanken gemacht. Sie stimmte seiner Konflikthypothese zu. “Was das systemische Problem anbelangt:“, sinnierte sie, „könnte es doch sein, dass Frau Weihnacht und Herr Virus generell nicht kompatibel sind. Das Distancing, in welche Richtung auch immer, wäre dafür eine mögliche Lösung. Ich habe aber auch schon das Gerücht gehört, dass Frau Weihnacht Herrn Virus nicht nur loswerden will. Sie will ihn vernichten. Das spricht dafür, dass es um mehr geht als nur die persönliche Beziehung. Offenbar steht Frau Weihnacht mit diesem Lösungsansatz auch nicht alleine. Gerade deshalb meine ich, wird es ihr schwerfallen, eine andere Lösung zu finden, wenn sie das, was sie vernichten will, ständig im Blick hat und nicht nur für sich, sondern auch für andere denkt. Spricht das nicht für eine Shuttle-Mediation?“. „Ich sehe das genau umgekehrt“, antwortete Ator. „Wegschauen hilft ihr nicht viel. Und wer weiß, vielleicht ist die Vernichtung ja auch die richtige Lösung? Aber lass uns aufhören, in den Köpfen der Parteien und erst recht an Lösungen und an Parteien zu denken, die gar nicht anwesend sind. Alles, was die Parteien betrifft und bewegt, können sie uns selber sagen“. Das leuchtete Medi natürlich ein. Die Mediatoren kamen deshalb überein, dass sie es auf die Onlinemediation ankommen lassen. Sie können das Mediationsformat ja gegebenenfalls noch ändern und die Mediation in eine Shuttle-Mediation umwandeln, wenn sich dafür ein Anlass herausstellen sollte.
Die Onlinemediation hat einige Vorteile. Das hatten Medi & Ator inzwischen durchaus erfahren können. Damit es keine akustischen Rückkopplungen gibt, konferieren die Mediatoren aus zwei verschiedenen Räumen. Für Medi wurde ein zusätzlicher Tisch in das Mediationszimmer gestellt. Ator saß im Wohnzimmer. Die Kamera war dort so eingestellt, dass sie nur ein Bücherregal zeigte. Das sah dann so aus, als säße Ator in einem Büro. Im Mediationszimmer zeigte die Kamera das Phasenposter im Hintergrund. Beide Kameras wurden mit einem Bewegungsmelder gekoppelt, sodass sie nicht aus Versehen zeigten, was niemand sehen soll, wenn die Mediatoren einmal aufstehen. Weil die Medianden beim Betreten des virtuellen Konferenzraumes nicht klingeln können, haben die versierten Mediatoren den ausgeklügelten und an die Phasen erinnernden Fünftongong durch ein Hintergrundbild ersetzt, das auf allen Monitoren gezeigt wurde. Dort war ihr inzwischen als Warenzeichen eingetragenes Weihnachtsmediatorenlogo mit fünf dicken Punkten unterstrichen. So haben alle die Phasen ständig im Blick. Es war als ein Gimmick gedacht, wenn die gerade absolvierte Phase mit einem leuchtendroten Punkt dargestellt wird. Der Punkt hob sich deutlich von den grauen Punkten der inaktiven Phasen ab. Die Hintergrundbilder wurden mit jeder Phase gewechselt, sodass alle sehen konnten, wo sie sich gerade in der Mediation befinden.
Pünktlich um vier Uhr wurden die Parteien in den Konferenzraum eingelassen. Den Zugang steuert das Konferenzprogramm. Herr Virus hatte erwartungsgemäß ein Problem mit der Onlineverbindung. „Das ist eben sein Naturell“, dachte Medi bei sich. „Da haben wir Glück, wenn er nicht auch noch die anderen PCs befallen hat“. Medi verwarf den Gedanken jedoch sofort wieder. Sie hatte sich vorgenommen, nicht voreingenommen zu sein. Es sollte sich auch herausstellen, dass ihre Befürchtung unzutreffend war. Die Verbindung konnte mit Ators Hilfe in relativ kurzer Zeit hergestellt werden. Auf den Monitoren waren jetzt die Videokonterfeis von vier Personen zu sehen. Oben die beiden Mediatoren, unten die Medianden. Im Hintergrund war das Logo der Weihnachtsmediatoren zu sehen, bei dem der erste Punkt rot aufleuchtete.
Die Mediatoren begrüßten die Parteien: „Herzlich willkommen“. Es war leicht, die Medianden zu identifizieren, auch wenn die Kameraperspektive die Dimensionen etwas verzerrt wiedergegeben hat. Herr Virus, der ja eigentlich ganz unscheinbar und klein war, wirkte recht groß auf dem Monitor. „Hoffentlich ist das kein Problem“, schrieb Medi in einem privaten Chat an Ator. Das war ein weiterer Vorteil der Konferenztechnik. Der private Chat erlaubte es den Mediatoren, sich unmittelbar auszutauschen, ohne dass die Parteien davon etwas mitbekamen und ohne, dass sie die Mediation mit einem Vorwand unterbrechen mussten, um sich abzustimmen. So hatten sie es zuvor immer gehandhabt, wenn sie nicht als Reflecting Team aufgetreten waren. Um ihre Frage zu verdeutlichen, fügte Medi ihrem Chat hinzu: „Virus übergroß!!!“. Sie befürchtete, dass die Videodarstellung die Wahrnehmung der Parteien voneinander verzerren könnte. Natürlich erlaubt ein solcher Chat keine langen Ausführungen. Es ist auch nicht sicher, ob Ator die Gedanken seiner Co-Mediatorin korrekt verstanden hatte, als er nur das Stichwort „Dunning-Kruger-Effekt?!?“ in den privaten Chat zurückschrieb.
Weil die beiden Mediatoren Profis sind, sprachen sie die Parteien bei der ersten Gelegenheit auf das Setting an. Ator erklärte die Handhabung der Technik und fragte: „Wie nehmen Sie sich in dieser virtuellen Umgebung wahr?“. Er wartete einen kurzen Moment auf mögliche Reaktionen, um dann fortzufahren: „Uns fällt auf, dass Herr Virus im Vergleich zu Frau Weihnacht doch recht schmächtig wirkt“. Upps, das war Ator total rausgerutscht. Schmächtig war kein gutes Wort. Das hätte er besser formulieren können. Das dachte auch Medi. Sie schickte Ator deshalb in dem privaten Mediatorenchat sofort ein Daumen runter Symbol. Das hat ihr selbst geholfen, ihren kritischen Blick zu verbergen.
Wider Erwarten kamen die Parteien mit der Formulierung aber gut zurecht. Herr Virus fühlte sich offenbar nicht angegriffen. Im Gegenteil! Er nutzte die Steilvorlage, um direkt zur Sache zu kommen: „Ja genau! Frau Weihnacht überschätzt mich total. Sie stellt sich immer fürchterlich an. Dabei fühle ich mich bei ihr total wohl. Das weiß sie gar nicht zu schätzen“. „Du alleine bist ja auch ein Nichts“, erwiderte Frau Weihnacht. „Aber das ist Dein böser Trick. Den habe ich längst durchschaut. Damit täuschst Du nur über Deine morbide Gefährlichkeit hinweg. Außerdem bleibst Du auch nie lange alleine und hast immer eine Horde von Kampfgenossen im Schlepptau“. „Eifersucht (will ihn alleine für sich)!?!“, chattete Medi spontan an Ator. „ROFL!“, schrieb der nur zurück. Die spontanen Assoziationen der Mediatoren blieben den Parteien zum Glück verborgen. Die Parteien bewegten sich auf einer ganz anderen Ebene.
„Kampfgenossen“, betonte Herr Virus mit einem abfälligen Tonfall. „Du hast ja Wahnvorstellungen. Wir sind doch nicht im Krieg“. „Sind wir doch! Mit Worten kommt man Dir ja nicht bei“, erwiderte Frau Weihnacht ohne zu zögern. „Vernunft und Werte sind Dir ein Fremdwort“. „Das musst DU gerade sagen“, schrie Herr Virus in den Monitor. „Du bist sooo eine Scheinheilige. Deine Werte sind doch nur vorgetäuschte Behauptungen. Weihnachten, Friede, Freude, Eierkuchen. Dass ich nicht lache. Schau Dich doch mal an. Wie gehst Du denn mit MIR um? Würdest Du Dich selbst an Deine Werte halten, wärest Du nicht im Kriegsmodus. Da helfen auch schöne Worte nicht über Deine Feindbilder hinweg. Wer Deinen Komfort stört, wird zum Feind. So einfach ist das. Damit wertest Du Dich auf und musst auch keine Rücksicht nehmen. Von Frieden kann da keine Rede sein, Frau BESINNLICHE, FRIEDVOLLE Weihnacht“. „Pah, Rücksicht. Das musst DU gerade sagen“, fauchte Frau Weihnacht sofort zurück. Ator wunderte sich ein wenig, dass sie Rücksicht als Reizwort wählte und nicht etwa die Scheinheiligkeit. Frau Weihnacht war sichtlich erregt. „Arousal!!!“, schrieb Medi im Mediatorenchat. „Du weißt doch überhaupt nicht was das ist“, echauffierte sich Frau Weihnacht derweil. „Du machst doch was Du willst. Du hast mich noch nie gefragt. Auch unsere angebliche Beziehung, die hast DU Dir ausgedacht und mir nur aufgedrängt. Liebe geht anders!“. „D-Faktor-Test?!?“, chattete Medi an Ator. „Für wen?/Keine Diagnosen!“, schrieb der zurück. „Wer sagt, dass es nur um DICH geht?“, antwortete Herr Virus. „Ich will alle!“. „Du bist ja völlig Größenwahnsinnig!“, ereiferte sich Frau Weihnacht. Ihre Stimme überschlug sich. „Du willst, dass Dich alle Menschen lieben? Dass ich nicht lache. Du schaffst es ja nicht einmal, dass ICH Dich liebe. Und ICH bin der Inbegriff von Liebe!“. „Liebe??????“, schrieb Medi ungläubig im privaten Chat an Ator. Der meldete den Vulkaniergruß zurück.
Die Parteien erregten sich mehr und mehr und die Gedanken schossen in alle Richtungen. Sie folgten der Logik des Hase und Igel Spiels, sodass sich eine Endlosschleife abzeichnete. Ator überlegte, ob er die Audioverbindung einfach kappen soll. Das ist ein weiterer Vorteil bei Onlinekonferenzen. Andererseits hatte er gelernt, dass solche Darbietungen durchaus dazu beitragen, den Konflikt auch den Parteien gegenüber sichtbar zu machen. Dann genügt es, den Lausprecher leise zu stellen. Ein Stummfilm ist ja auch sehr ausdrucksstark. Er jedenfalls hatte genug gesehen und gehört. Deshalb meldete er sich zu Wort. Auch dafür haben die Mediatoren das Konferenzprogramm vorbereitet. Ator blendete ein neues Hintergrundbild auf das Whiteboard des Konferenzraumes ein. Darauf war mit riesengroßen Buchstaben zu lesen: „RUHE BITTE!!!!!“. Damit die Botschaft nicht übersehen werden konnte, blinkte die Schrift, die zudem noch in fettem Rot gezeichnet war. Auch hatte er kurzfristig den Eingangspegel seines Mikrophons erhöht, um auf keinen Fall überhört zu werden.
„Das war sehr beeindruckend!“, sagte er. Er zählte in Gedanken bis 37, natürlich von 20 ausgehend, während er die Lautstärke wieder auf Normal zurückfuhr. Um die Aufmerksamkeit der Medianden noch weiter zu steigern, fügte er hinzu: „Ist das Hass, was Sie uns zeigen wollen?“. Medi chattete an Ator ein „???“. Sie fand auf die Schnelle kein Emoji, das ihre Verwunderung über die Rückmeldung zum Ausdruck brachte. Frau Weihnacht hingegen blickte verschämt nach unten. Auch wenn sie es nicht so sah, passte Hass doch nicht zu dem Image, das sie von sich zeichnen will. Noch bevor die Mediatoren die Emotionen korrekt verbalisieren konnten, tönte Herr Virus sofort: „ICH hasse niemanden. Es geht doch nur um meine Existenz!“. „Damit sprechen Sie ein Bedürfnis an“, sagte Ator ganz ruhig. Er wollte weitere Vorwürfe verhindern, indem er die Information korrekt gewichtet und in das Verfahren einordnet. Interessen und Bedürfnisse werden in der dritten Phase erörtert. Dafür erhielt er ein Daumen hoch von Medi. Frau Weihnacht griff den Gedanken sofort auf. „Existenz“, sagte sie herabschätzend. „DU bist doch der Zerstörer. DU machst doch alles kaputt. Du bedrängst mich so sehr, dass ich gar nicht mehr ich selbst sein kann“. Bevor die beiden wieder in Streit gerieten, mischte sich Ator ein weiteres Mal ein: „Sie offenbaren jetzt beide Ihre Interessen“. Ator bemerkte die Verwunderung der Parteien. Hatten sie doch in ihrer Wahrnehmung alles andere offenbart als das. Ator wollte seine Beobachtung aber noch nicht thematisieren. Er wollte die Parteien aus dem Streit herausführen, nicht sie ablenken. Deshalb sagte er: „Das sind ganz wichtige Informationen. Wir werden zu gegebener Zeit darauf noch ausführlich eingehen. Können Sie sich darauf einlassen?“.
Jetzt meldete sich auch Medi zu Wort. Sie vergaß bis 120 zu zählen, leider. Ator erkannte darin einen Mediationsfehler, den er sofort mit einem Daumen runter Symbol im Mediatorenchat quittierte. Trotzdem verfing Medis Intervention. „Wir sind doch hier, um ein Problem zu lösen. Nicht wahr?“. „Das ist UNLÖSBAR!“, fauchte Frau Weihnacht sofort. „Herr Virus hat schon alles kaputt gemacht“. „DU machst doch selbst alles kaputt, nicht ich“, schrie Herr Virus in den Monitor. Eigentlich wollte er Frau Weihnacht anschreien. Online lässt sich das aber nicht so genau steuern, weil die Partei sich nicht ihrem Gegner zuwenden kann. Sie blickt ja nur in den Monitor. Es war aber klar, wer gemeint war.
„Sie sagen beide, dass alles kaputt sei“, betonte Medi. „Habe ich das richtig verstanden?“. Ator chattete ein Daumen hoch an Medi, weil sie nicht auf die Vorwürfe eingegangen war. Medi war irritiert. Sie konnte sich nicht erklären, warum kaputt ein Daumen hoch verdient. Sie hatte aber nicht viel Zeit zum Nachdenken, denn die Parteien stimmten ihrer Rückmeldung zu. Sofort war Medi wieder bei der Sache. „Möchten Sie gerne, dass der kaputte Zustand überwunden wird?“, fragte Medi. „Natürlich“, antworteten die Parteien wie aus einem Mund, auch wenn sie keine oder eine abweichende Vorstellung davon hatten, ob und wie die Überwindung aussehen kann. Das war der inspirierende Effekt einer Tilgung und ein kleiner Schritt in die Lösungsoffenheit. Aber darauf kam es im Moment wenigstens überhaupt nicht an. Medi wusste, dass sich diese Fragen im Verlauf der Mediation wie von selbst klären werden. Ihre ruhige, selbstsichere Stimme zeigte Wirkung, sodass Medi die notwendige Zielvereinbarung bekräftigten konnte: „Wir sind hier, damit SIE Wege finden, wie Sie das Problem hinter sich lassen können. Richtig?“. Die Parteien nickten wieder, sodass Medi fortfahren konnte. „Sie haben offenbar Zweifel, dass dies gelingen kann. Ist das auch korrekt?“. „ICH kann!“, rief Herr Virus vorlaut und offenbar ohne nachzudenken. Bevor Frau Weihnacht widersprechen konnte, ermunterte Medi ihn: „Dann werden Sie sicher einen konstruktiven Beitrag leisten können, um die passende Lösung zu finden, Herr Virus!“. Herr Virus akzeptierte diese Bemerkung, weil Medi dabei ganz naiv wirkte. Herr Virus hat verstanden, dass sie ernst gemeint und keinesfalls als Provokation gedacht war. Bei Frau Weihnacht erregte die Bemerkung Neugier und Interesse. „Ich bin gespannt“, sagte sie. „Mehr braucht es nicht“, beendete Ator den Disput und erklärte, was die Weihnachtsmediation zu leisten im Stande ist. Ziel, Weg und Kontext waren damit festgelegt. Ator konnte nicht umhin, zu erwähnen, dass die Weihnachtsmediation doch ihre eigene Erfindung sei, auch wenn er nie genau erklären konnte, was daran so einzigartig war. Medi chattete an Ator ein Daumen hoch Zeichen.
Die Mediatoren beendeten die Initialisierungsphase mit einem Arbeitsbündnis. Beide Parteien erklärten sich bereit, es zumindest einmal zu probieren, eine allseits zufriedenstellende Lösung für das Problem zu finden. Um nicht noch mehr überflüssigen Streit an der falschen Stelle aufkommen zu lassen, führte Ator direkt in die nächste Phase ein. Er wechselte das Hintergrundbild, sodass jetzt der zweite Punkt rot leuchtete.
Ator erläuterte, worauf es in der 2. Phase ankommt. Er verzichtete darauf, die Parteien nochmals aufzufordern, ihr Problem zu schildern. Davon hatte er schon genug gehört. Stattdessen fasste er zusammen: „Wir haben ja schon sehr eindrucksvoll erfahren, was Sie für einen Streit haben. Ich fasse einfach einmal zusammen, was wir bisher verstanden haben. Bitte korrigieren oder ergänzen Sie mich, wenn ich etwas falsch oder unvollständig wiedergebe. Auch meine Co-Mediatorin wird ihre Wahrnehmung offenlegen, ok?“. Die Parteien stimmten zu. Medi nickte heftig und Ator fuhr fort: „Sie haben ein Problem in der Beziehung zueinander“. Er kam gar nicht dazu, in Gedanken bis 23 zu zählen. Schon bevor er bei 21 (von 20 auszählend) angekommen war, mischte sich Frau Weihnacht ein: „Wir haben keine Beziehung und das Wort Problem ist ziemlich untertrieben“, betonte sie. „BEZIEHUNGSLEUGNER!“, chattete Medi an Ator. Um den zu erwartenden Disput zu verhindern, fuhr Ator dazwischen, bevor Herr Virus reagieren konnte. Auf den logischen Widerspruch, die Beziehung einerseits zu leugnen, aber andererseits trotzdem ein Problem damit zu haben, ging er nicht ein. Stattdessen verdeutlichte er die Position von Frau Weihnacht in einer Sprache, mit der Herr Virus hoffentlich besser umgehen konnte. Er sagte: „Frau Weihnacht möchte unbehelligt sein, um sich zu verwirklichen. Sie fühlt sich darin extrem beeinträchtigt und macht Sie, Herr Virus, dafür verantwortlich. Ist das so korrekt?“, fragte Ator an Frau Weihnacht gerichtet. „Ja genau“, antwortete sie. Ator fuhr fort: „Sie möchten die Beziehung gerne beenden und plädieren dafür, dass jeder seiner Wege geht. Ist das auch korrekt“. „Nein“ antwortete Frau Weihnacht. „Herr Virus soll verschwinden. Er schadet ja nicht nur mir. Er ist eine Gefahr für ALLE. Er ist wie die Pest!“.
„Self-serving bias“, schrieb Medi in dem privaten Chat an Ator. Sie fügte hinzu „Groß-/ Umweltmediation????“. Ator verstand. Er sagte an Frau Weihnacht gerichtet: „Ich schlage vor, wir halten das im Hinterkopf und konzentrieren uns zunächst einmal auf Sie beide. „Das geht nicht“, erregte sich Frau Weihnacht. „Herr Virus ist nie allein! Er hat eine Armee zur Verstärkung. Noch schlimmer als die Mafia. Hast Du ihn beseitigt, kommt die ganze Sippschaft hinterher und nimmt Blutrache! Herr Virus kennt kein Weihnachten, erst recht keinen Frieden. Freundschaft und Liebe sind alles Fremdworte für ihn. Der kennt nur Opfer!“. Medis privater Onlinechat lautete daraufhin: „STRAFTAT?!? / Vertraulichkeit / Gefährdung / Machtgefälle“. „Verschwörungstheorie???“ antwortete Ator im Mediatorenchat. Die Chat-Kommentare der Mediatoren waren natürlich erklärungsbedürftig. Medi wusste auch mit der Bemerkung von Ator nicht wirklich etwas anzufangen. Ein Chat lässt aber keinen Raum für Erklärungen. Darüber hinaus erlaubte der Disput der Parteien keine Ablenkung.
Noch bevor Ator auf den Einwand von Frau Weihnacht reagieren konnte, hörte er Herrn Virus blaffen: „OPFER, das musst DU gerade sagen. Und überhaupt, wer hat mich denn zu dem gemacht was ich heute bin? Und wenn wir schon von Opfern reden, dann bist DU doch die wahre Täterin. Schließlich verursachst Du an Weihnachten die meisten Streitereien, sodass ICH als der wahre Befreier DEINER Opfer daherkomme!“. „FAKENEWS!“ schrieb Medi im Mediatorenchat. „Bedeutungswirklichkeit / Rhetorik?“ antwortete Ator. Er konnte sich gut vorstellen, was die Argumentation von Herrn Virus bei Frau Weihnacht auslöste. Er wusste auch um die schädliche Wirkung, wenn sich solche Gedanken in den Köpfen der Parteien einnisteten. Sie würden die konstruktiven Gedanken blockieren. Schließlich zweifelte er auch daran, dass diese Auseinandersetzung zwischen den Parteien zielführend sein könnte. Deshalb blendete er wieder das „BITTE RUHE!!!!“-Bild ein und unterbrach den erregten Disput.
Ganz ruhig antwortete er: „Mir ist nicht klar, was Sie genau meinen. Mir kommt es so vor, dass Sie sich wechselseitig die Schuld für die aktuelle Lage zuschreiben, die Sie beide als kaputt bezeichnet hatten“. Ator zählte im Stillen 21, 22, 23. Danach ergänzte er: „Erklären Sie mir bitte, was sich daran ändert, wenn Sie die Schuldfrage geklärt haben?“. Ator zählte erneut bis 23, um die Bedeutung seiner Frage zu unterstreichen. Eine Antwort erwartete er an dieser Stelle jedoch nicht wirklich. Dafür war es seiner Meinung nach noch zu früh. Er wollte lediglich den Gedanken schon einmal einpflanzen. Deshalb führte er weiter aus: „Im Übrigen könnte das Wort Opfer den Gedanken an Gewalt und Straftat assoziieren. Wenn das gemeint ist, müssen wir die Rahmenbedingungen für dieses Gespräch ändern. Wir können die Vertraulichkeit nicht garantieren, wenn es um Strafvorwürfe oder Gefährdungen anderer geht“.
„ICH bin unschuldig!“, betonte Herr Virus spontan. „Ich habe nichts gemacht! Die Gefahr geht einzig und allein von Frau Weihnacht aus. Ich bin es doch, der sie und ihre Follower beschützt, wenn Kontakte vermieden werden. Dann müssen die nicht so viel streiten“. Herr Virus scheint an dieser Argumentation etwas festmachen zu wollen. „Gaslighting?!?/Narzisst!“, chattete Medi an Ator. Ator ließ sich jedoch nicht ablenken. Um den Disput nicht auszuweiten, stellte er gegenüber den Parteien lediglich fest: „Ja, dazu gibt es offenbar sehr unterschiedliche Auffassungen. Wir werden uns damit zu gegebener Zeit auseinandersetzen, soweit diese Fragen für die Konfliktklärung relevant sind“. Ator wusste, dass es in der Mediation auf die Klärung der Schuldfrage nicht unbedingt ankommt. Er wollte den Parteien aber auch nicht das Gefühl geben, dass ihre Vorwürfe nicht gehört werden. Deshalb meldete er lediglich zurück, dass die Information angekommen sei und griff einen weiteren Aspekt der Parteivorträge auf, um das gesamte Konfliktszenario zu erfassen. Die Vorgehensweise entsprach seiner Konfliktlandkarte.
„Mir ist klar geworden, dass Sie wohl beide nicht nur für sich, sondern auch für eine Gefolgschaft sprechen. Würde es passen, wenn ich diese Gefolgschaft als das Interesse der Allgemeinheit zusammenfasse?“. Die Parteien bejahten kurz. Ator fuhr deshalb fort: „Ich schlage vor, dass wir dieses übergeordnete Interesse deutlich machen. Dann verlieren wir es nicht aus dem Blick und können uns trotzdem zunächst auf ihre persönlichen Bedürfnisse konzentrieren. Danach gehen wir auf die Interessen der Allgemeinheit ein. Ist das nachvollziehbar für Sie?“. Nachdem die Parteien bejahten, schlug Ator vor, die Allgemeinheit symbolisch wie eine eigenständige Partei hinzuziehen. „Mit dieser Personifizierung können wir die Individualinteressen und die Allgemeininteressen besser auseinanderhalten und die Verantwortlichkeiten deutlicher gegeneinander abgrenzen“, erklärte er den Parteien. „Das ist eine gute Idee“, sagte Herr Virus. „Es geht ja schließlich auch um meine Spezies“. Auch Frau Weihnacht konnte sich darauf einlassen. „Um meine erst recht!“, dachte sie.
Das war die Stunde der Mediatoren. Sie hatten die leere Stuhltechnik bereits für eine Onlineveranstaltung vorbereitet. Ator loggte sich deshalb auf einem anderen PC nochmals als Teilnehmer der Konferenz mit dem Namen „Allgemeinheit“ ein. Die Kamera zeigte jetzt tatsächlich noch einen leeren Stuhl im Mediationszimmer. Dort hatten die Mediatoren eine zweite Kamera aufgestellt. Rückkopplungsprobleme gab es nicht, weil dieser Teilnehmer nicht sprechen wird. Nachdem Ator den neuen virtuellen Teilnehmer vorgestellt hatte, schaltete er ihn auch sofort wieder blind. „Er ist ja noch auf der Teilnehmerliste zu sehen, sodass wir ihn einblenden können, sobald sich der Bedarf ergibt“, erklärte er den Medianden. Sie waren mit der Vorgehensweise einverstanden. Medi natürlich auch. Sie schickte jetzt ein Daumen hoch Symbol in den allgemeinen Chat.
Ator griff den Faden nach diesem kurzen Abstecher in die Phase eins wieder auf. „Wir waren dabei, den Streit und Ihre Positionen festzuhalten. Sie, Frau Weihnacht, sagen, dass Herr Virus nicht nur aus IHREM Leben verschwinden soll. Ist das korrekt?“ Frau Weihnacht bestätigt. Ator fährt fort: „Zugrunde liegen widersprüchliche Auffassungen über die Beziehung, die Sie miteinander haben“. „Verschwörungstheorien!!!“ schrieb Medi in dem privaten Chat an Ator. Der antwortete schnell und in Großbuchstaben: „ICH-BOTSCHAFTEN!!!“ und fuhr unbeeindruckt fort: „Sie, Frau Weihnacht, meinen, Sie haben keine Beziehung und wenn, dann soll sie aufgelöst werden. Ist das korrekt?“. Frau Weihnacht bestätigt. „Sie möchten gerne wieder Sie selbst sein. Alles soll so sein wie früher, richtig?“. „Ja, genau“, antwortete Frau Weihnacht seufzend. Ator fragte noch wie in Gedanken verloren und scheinbar ganz beiläufig vor sich hin: „Geht das überhaupt?“. Er ist ein Freund der Mäeutik. Eine Antwort wartete er indes nicht ab.
Stattdessen wandte er sich Herrn Virus zu. Weil das Hinwenden im Gegensatz zu Präsenzmediationen nicht einfach durch Blickkontakt und körperliche Ausrichtung erfolgen kann, nennt er stets die Namen der Angesprochenen. „Sie, Herr Virus, haben eine andere Vorstellung von der Beziehung. Sie meinen, Sie beide gehören einander und wollen die Beziehung um jeden Preis fortsetzen. Ist das korrekt?“. Herr Virus bestätigt. „Auch Ihnen geht es in erster Linie darum, sich entfalten zu können. Ist das auch korrekt?“. „Ja, so ungefähr“, antwortete Herr Virus. Auch ihn fragte Ator ohne eine Antwort abzuwarten: „Geht das?“.
Jetzt meldet sich Medi zu Wort. Sie wollte die Gedanken wieder in die Phase zwei zurückholen. Immerhin zeigte das Hintergrundbild noch den 2. roten Punkt: „Sie hatten beide schon Ihre Interessen angedeutet. Es geht offenbar um ganz existentielle Bedürfnisse, die sogar nach außen strahlen. Wir werden später noch im Einzelnen darauf eingehen. Ist das ok für Sie?“. „Wiederholungen schaden nicht“, dachte Ator bei sich. Ator verzichtete darauf, seinen Kommentar im Mediatorenchat zu offenbaren. Er nahm sich vor, sich irgendwann einmal mit Medi über die Verwendung dieses technischen Hilfsmittels abzustimmen. Sein Eindruck war, dass der Mediatorenchat dazu verführt, die Aufmerksamkeit auf die Mediatoren zu lenken statt auf die Parteien.
Nachdem die Parteien die vorgeschlagene Vorgehensweise bestätigten, übernahm er wieder das Gespräch. Er war wieder ganz bei der Sache und griff den Faden auf, indem er die Ergebnisse der Phase zwei zusammenfasste: „Ich halte also fest: Es gibt zwei Themen, über die wir sprechen sollten. Das eine betrifft die Beziehung. Hier geht es darum, welche Bedeutung Sie der Beziehung oder Nichtbeziehung beimessen. Das andere betrifft die davon abhängige Frage des zukünftigen Umgangs …“. Ator konnte nicht zu Ende reden, weil Frau Weihnacht sofort einhakte: „Es gibt keinen zukünftigen Umgang, auf gar keinen Fall“. Bevor Herr Virus sich echauffieren konnte, bestätigte Ator: „Ja, das ist Ihre Position. Das haben wir verstanden. Das Thema umfasst aus der neutralen Sicht jedoch das Ja und Nein. Herr Virus vertritt bei der Frage eine andere Position. Deshalb möchten wir die Hintergründe für die voneinander abweichenden Gedanken aufdecken, um Sie beide besser zu verstehen. Darüber zu sprechen bedeutet nicht, dass Sie zustimmen. Vielleicht gelingt es Ihnen sogar, dass Herr Virus Ihre Sicht versteht und nachgibt. Wäre das in Ihrem Sinn?“. Frau Weihnacht nickte. Herr Virus widersprach sofort: „Werde ich ganz sicher nicht!“. Jetzt wandte sich Ator ihm zu: „Aber Sie möchten, dass Frau Weihnacht Sie versteht, oder nicht?“. „Das wäre zu schön, um wahr zu sein“, sagte Herr Virus. „Wie schaffen Sie das anders, als darüber zu sprechen?“, fragte Ator. Das sah auch Herr Virus ein. Er bezeugte seine Gesprächsbereitschaft. Das Thema war akzeptiert. Ator zog den Bogen noch weiter und sagte: „Die Allgemeinheit behalten wir im Hinterkopf“. In den von Ator angeführten Themen fanden sich sowohl die zu lösenden Probleme, also der Sachkonflikt wie die dahinter liegenden Bedeutungen, also der Beziehungskonflikt und die davon betroffenen Parteien wieder. Alle Konfliktdimensionen wurden in einem Thema aufgelöst. Der Weg für die nächste Phase war geöffnet.
Ator passte im weiteren Verlauf des Gespräches das Hintergrundbild stets der aktuellen Phase an, um die Phasenlogik nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Mediation fing an zu wirken. Bei der Überlegung, wie sich die Parteien eine ideale Beziehung vorstellen könnten, wurden sie immer ruhiger und auch nachdenklicher. Das war ein gutes Zeichen. Sie erkannten, dass die Existenzberechtigung der jeweils anderen Partei nicht in Frage zu stellen ist. „Das ist eine Realität, die ich wohl, gewollt oder nicht, so akzeptieren muss“, bemerkte Frau Weihnacht. Die Parteien erkannten auch, dass ihre Beziehung, auch wenn es zur Scheidung kommt, nicht zu Ende gehen kann und dass es keinen Sinn macht, sie zu leugnen. Herr Virus wird immer eine Rolle im Leben von Frau Weihnacht spielen, so oder so und umgekehrt. Das So oder so liegt in der Disposition der Parteien. Schließlich wurde ihnen klar, dass sie selbst die Verantwortung für sich übernehmen müssen und dass es keinen Sinn macht, die Lösung des Problems vom jeweils anderen zu erwarten. Insbesondere erkannten sie die Komplexität der Fragestellung. Sie waren bereit, sich ihr zu stellen. Ihnen wurde klar, dass es weder möglich noch hilfreich ist, einen Verantwortlichen zu finden, weil selbst dann das Problem nicht gelöst ist. Falls es darauf ankommen sollte, können diese Fragen in einem anderen Rahmen erörtert werden. Mit dieser Erkenntnis fiel es ihnen leicht über die Dinge zu reden, die wirklich relevant waren. Plötzlich wurde Frau Weihnacht von dem Gedanken überwältigt, dass sie viel mehr Veränderungspotenzial besitzt als Herr Virus. Diesen Gedanken hatte sie völlig aus dem Blick verloren. Sie erkannte, dass Herr Virus nicht nur in gewisser Weise von ihr abhängig war. Er war in seinen Möglichkeiten auch sehr limitiert. Der Rumpelstilzcheneffekt entfaltete seine Wirkung als Ihr klar wurde, dass SIE die Erwachsene in der Beziehung ist. Sie hat das Paradoxon erkannt, dass die Abstandserfordernisse und die Kontaktbeschränkungen keine Bedrohung, sondern eine Herausforderung sind, die nur funktioniert, wenn die Menschen zusammenhalten. Dieses Reframing deckte eine ganz besondere Form der gegenseitigen Wertschätzung und Nähe auf, die viel wertvoller ist, als eine Umarmung. Frau Weihnacht fand sich darin wieder.
„Die Bedrohung ist eine Botschaft“, war der Erkenntnisgewinn bei Frau Weihnacht. „Bei dem Krieg geht es nicht um mich“, war der Erkenntnisgewinn von Herrn Virus. Die Gedanken an eine Straftat waren verflogen. Aus der Gefahrenabwehr wurde Schutzgewähr. Und plötzlich war auch das Interesse der Allgemeinheit völlig klar. Beide Parteien erkannten, dass ihre Feindbilder in die Irre führten und dass die Gegnerschaft nur vom eigentlichen Problem ablenkt. Was sich so schnell zusammenfassen lässt, erforderte mehrere Termine mit dazwischengeschalteten Einzelgesprächen. Alles natürlich online. Natürlich kamen dort noch viel mehr Details zutage und auch Angriffe, die jedoch alle aufgearbeitet werden konnten.
Medi & Ator haben mit der Windowstechnik, präzisen Loops und der ein oder anderen Intervention stets darauf geachtet, dass die Parteien sich gedanklich aus dem Konflikt lösen und sich auf ihre Bedürfnisse konzentrierten, ohne dabei an die Lösung zu denken. Das Brainstorming in der folgenden Phase, wo das Hintergrundbild plötzlich den vierten Punkt in leuchtendem Rot anzeigte, führte deshalb zu folgenden Lösungsideen:
- Herr Virus: Du gibst mir einen Platz, wo ich existieren kann.
- Frau Weihnacht: Du lässt Dich sterilisieren und hörst auf, Dich zu vermehren.
Natürlich fühlte sich Herr Virus durch diesen Vorschlag provoziert. Er wollte seinem Widerspruch Ausdruck verleihen. Allerdings unterdrückten die Mediatoren in diesem Abschnitt der Mediation jede Diskussion über Vorschläge. Sie wussten, dass Diskussionen in diesem Stadium die Parteien noch in den Streit zurückwerfen können. Medi erinnerte die Parteien deshalb bei jeder Gelegenheit an die Regel „Wenn Ihnen ein Vorschlag nicht gefällt, machen Sie einen besseren!“. Dazu ermahnte sie die Parteien immer wieder. „Alles ist unverbindlich“, sagte sie, „es sind nur Gedanken. Wir werden uns später jeden Vorschlag im Einzelnen anschauen“. Darauf konnten sich die Parteien, unterstützt durch die Anfeuerungen der Mediatoren, einlassen. Es gab im weiteren Verlauf deshalb auch ganz brauchbare Lösungsansätze:
- Frau Weihnacht: Du warnst mich, bevor Du zuschlägst, damit ich mich schützen kann.
- Herr Virus: Du fütterst mich, damit ich Dich in Ruhe lassen kann.
- Frau Weihnacht: Du hältst Dich aus meinem Leben raus.
- Herr Virus: Du denkst über Dein Leben nach und ich zeige Dir, wie wertvoll es ist.
- Frau Weihnacht: Du zeigst den Menschen wie wichtig Gesundheit ist.
- Herr Virus: Du respektierst meine Existenz.
- Frau Weihnacht: Du auch meine!
- Herr Virus: Wir lernen uns zu umarmen, ohne uns zu umarmen.
- Herr Virus: Du hältst Dich einfach fern vor mir und lässt mich in Ruhe.
- Frau Weihnacht: Du mich auch.
- Frau Weihnacht: Du kontrollierst Dich und mutierst zu einem freundlichen Virus.
- Herr Virus: Und Du zu einem friedlichen Menschen. Wir helfen uns dabei.
- Frau Weihnacht: Wir formulieren social-distancing in sickness-distancing um.
- Herr Virus: Du schützt Dich mit einer Maske vor meinen Kumpels.
- Herr Virus: Du hältst Abstand zu anderen, damit ich bei Dir bleiben kann.
- Frau Weihnacht: Ich halte Abstand, damit Du mir fernbleibst.
- Frau Weihnacht: Wir lernen die Maske wie Kleider zu tragen.
- Herr Virus: Ja, die Bekleidungspflicht ist kein Grundrechtseingriff, oder?
- Herr Virus: Wir lernen, dass Abstand nicht Beziehungsabbruch bedeutet.
- Frau Weihnacht: Du ersetzt mir den durch Dich verursachten Schaden.
- Herr Virus: Kein Problem, den verrechne ich mit der Dummheit und Ignoranz.
- Herr Virus: Du bist schlau und vermeidest Schäden, indem Du besser auf mich achtest.
- Frau Weihnacht: Wir lernen auch bei Einschränkungen korrekt zu kommunizieren.
- Frau Weihnacht: Du hilfst mir, den Menschen zu zeigen, wie wichtig Frieden ist.
- Herr Virus: Krisen- und Kriegsgewinne werden von vornherein verhindert.
- Frau Weihnacht: Wir lassen uns scheiden. Du ziehst aus und machst erst einmal Urlaub.
- Herr Virus: Íhr werdet erst einmal untereinander einig und kehrt vor der eigenen Tür.
- Herr Virus: Ich helfe beim Kehren.
- Frau Weihnacht: Du überzeugst die Verschwörungstheoretiker von Deiner Existenz.
- Herr Virus: Das ist nicht meine Aufgabe.
- Herr Virus: Du besorgst mir eine Insel, wo ich mit meinen Freunden zur Ruhe komme.
- Frau Weihnacht: Du schickst mir ab und zu eine Nachricht, damit ich Dich nicht vergesse.
- Herr Virus: Meinungen sind nur noch erlaubt, wenn sie auf Fakten bezogen werden.
- Frau Weihnacht: Vorwürfe nur noch mit konstruktiven Verbesserungsvorschlägen.
- Herr Virus: Ihr bildet effiziente Solidargemeinschaften in der Zivilgesellschaft.
Es gab noch viel mehr Vorschläge. Medi schrieb alle Ideen in ein Notizfenster, das in dem Konferenzprogramm zur Verfügung gestellt wird und von den Mediatoren wie ein Flipchart genutzt werden kann. Auch hier erweist sich die Onlinetechnik als ein Vorteil, weil die Vorschläge direkt elektronisch weiterverarbeitet werden können. Nachdem die Parteien die Vorschläge bewertet hatten, fanden sie heraus, dass einige Ideen durchaus weiter durchdacht werden sollten. Auch wurde ihnen bewusst, dass die Lösung eigentlich nur den Weg in eine Lösung beschreiben kann. Die endgültige Regelung erst möglich ist, wenn noch ein paar Fakten geklärt sind.
Natürlich wurden die Vorschläge im Einzelnen erörtert und auf ihre Machbarkeit geprüft. Dabei wurde deutlich, in welche Richtung die Reise gehen muss. Weil Herr Virus selbst gar nicht so viel über sich sagen konnte, kamen die Parteien überein, zunächst nur eine Fernbeziehung zu führen, wo sie sich auf Abstand halten und auf die Gesundheit achten. Sie werden Defizite vermeiden und für einen Ausgleich sorgen, wo es zu ungleichen Belastungen kommt. Sie haben erkannt, dass die Gesundheit ein Gemeinschaftsgut ist. Ob es dann zu einer endgültigen Scheidung kommt, soll sich an den in der Zwischenzeit gewonnenen Erfahrungen im Umgang miteinander und den Erkenntnissen der Wissenschaft orientieren. „Und wenn ihr nicht lernt, solidarisch zu sein, kommen meine Kumpels“, sagte Herr Virus. Medi & Ator staunten nicht schlecht, dass diese Bemerkung nicht als eine Drohung verstanden wurde. Und obwohl Herr Virus seine Bemerkung mit einem Smiley unterlegte, wurde sie auch nicht als ein Spaß aufgefasst. Für die Folgezeit wurden Zwischentermine vereinbart, um die Entwicklung zu evaluieren und an der Optimierung der Lösung gemeinsam weiter zu arbeiten.
Beide Parteien waren sich einig, dass diese Zwischenlösung auch der Allgemeinheit zugutekommt. Ator wies allerdings darauf hin, dass die Allgemeinheit nicht tatsächlich, sondern nur fiktiv an dem Verfahren beteiligt war. Medi & Ator würden sich freuen, wenn es eine weitere Mediation mit der Allgemeinheit gäbe. Es bestehen jedoch Bedenken, dass sich die Allgemeinheit darauf einlassen würde. Darauf angesprochen, kamen die Parteien zu dem Ergebnis, die Vertraulichkeit der Mediation zumindest insofern aufzuheben, als das Ergebnis und die Erfahrungen aus der Mediation veröffentlicht werden dürfen und sollen. Dazu haben sich die Parteien sodann ausdrücklich ermächtigt. Mehr noch wurde ihnen bewusst, dass die Allgemeinheit das Problem nur dann erkennt, wenn sie einen positiven, emotionalen Bezug zu dem Thema findet. „Vielleicht gelingt das in einem Gefühl der Solidarität“, überlegte Frau Weihnacht. „Das ist wohl die größte Herausforderung, aber nicht Gegenstand DIESER Weihnachtsmediation“, erklärte Ator. Er erlaubte sich den Hinweis, dass Solidarität aus der Einbeziehung, nicht aus der Abgrenzung resultiert. „Wir könnten ein Vorbild sein“, schlug Frau Weihnacht vor. „Das ist eine gute Idee“, bestärkte Ator. Medi sandte ein Daumen hoch Symbol in den allgemeinen Chat. Herr Virus übermittelte das Emoji klatschende Hände.
Die Parteien kamen überein, dass Weihnachten eine gute Gelegenheit bietet, die Feindschaft zu überwinden. „Ich weiß genau, dass sich unsere wahren Bedürfnisse langfristig nicht durch Kriege befriedigen lassen“, sagte Frau Weihnacht. „Ich habe heute jedoch gelernt, wie schwierig es ist, die eigentlichen Bedürfnisse zu erkennen, solange der Fokus auf einen imaginären Feind von außen gerichtet wird. Ich habe auch erkannt, dass Feindschaft ihren Ursprung im Denken findet. Die Mediation ist ein guter Ansatz dafür, das Denken zu verändern und sorgfältiger mit Informationen umzugehen, sodass wir einander besser verstehen können“. „Wow, das klingt wie ein Schlusswort“, sagte Ator. „Es ist ein Anfangswort“, korrigierte Frau Weihnacht.
Nachdem sich die Medianden bedankt und verabschiedet hatten, sagte Medi zu Ator: „Die Medianden waren zufrieden mit dem Ergebnis. Das sagten sie wenigstens. Aber mal ehrlich. Eine Sensation ist das Ergebnis nicht. Maske tragen, Abstand halten und so. Das ist doch nichts Neues. Es ist nicht der Schnipp und alles ist gut“. „Auch wenn wir die Wunderfragetechnik verwenden, heißt das nicht, dass wir Wunder vollbringen“, erwiderte Ator. „Aber das weißt Du selbst. Für Wunder sind die Parteien zuständig; auch an Weihnachten“. „Vielleicht bewirkt die Mediation ja doch ein Wunder“, kam Medi plötzlich in den Sinn. „Es ist das Wunder der Vernunft. Ist es denn kein Wunder, wenn die Parteien plötzlich mit einer Lösung zufrieden sind, obwohl sie vorher nicht einmal im Ansatz glaubten, dass dies überhaupt möglich sei?“. „Ja“, sagte Ator. „Das kann man so sehen“. „Und das Ergebnis ist auch sensationell“, ergänzte Medi plötzlich. Ator wurde neugierig. „Es ist sensationell, wenn Du es von innen betrachtest. Frau Weihnacht hat zu sich selbst gefunden. Sie hat ihre Werte wiederentdeckt und ihre Authentizität. Die Parteien haben die Gesundheit als ein gemeinsames Ziel erkannt. Sie haben sich aus dem Gefängnis des Nullsummenspiels befreit. Sie haben die Solidarität entdeckt, ohne die sich der Gesundheitsanspruch nicht verwirklichen lässt. Sie sind bereit, Wege zu finden, mit denen Sie ihre wahren Bedürfnisse erkennen und entgegen allen Widrigkeiten sichern können. Stell Dir mal vor, das würden alle tun, nicht nur die Medianden?“, führte Medi ihren Gedanken aus. Sie geriet immer mehr ins Schwärmen. Ator holte sie in die Realität zurück: „Dann müssten sie verstehen, wozu die Mediation in der Lage ist“. Weil er für das Marketing zuständig war, kam ihm auch sofort ein neuer Werbeslogan in den Sinn: „Weihnachtsmediation, die Sensation an Weihnachten! Was hältst Du davon?“, fragte er. Aber Medi sagte nur: „Werbung muss nicht gut sein. Wieso trägst Du eigentlich keine Maske?“.
Medi wollte das Thema wechseln, um nicht von den vorherigen Gedanken abzulenken. „Der Weg ist das Ziel“, parierte Ator schmunzelnd. Er hatte verstanden. Er musste Medi nicht erklären, dass die Mediation ein Weg ist und nicht das Ziel. Die beiden hatten natürlich längst gelernt, wie sie miteinander umgehen und sich gegenseitig unterstützen, ohne ihre Gesundheit zu gefährden. Die Kommunikation spielte dabei eine wichtige Rolle. Ator, der das Thema auch wechseln wollte, führte deshalb nahtlos an: „Ich wünsche Dir eine besinnliche Weihnacht“. „Noch mehr Besinnlichkeit?“, erwiderte Medi im Spaß. In einer virtuellen Kommunikation hätte sie ihre Aussage sicher mit einem Smiley unterstrichen. Unter einer Maske hätte sie wahrscheinlich verbalisiert oder mit einer Geste gezeigt, dass Ihre Bemerkung nur im Spaß gemeint war. Für solche Maskengesten gibt es aber noch keine Regel. Ohne Regeln offenbarte ihr Tonfall und besonders ihr freundliches, offenes Lächeln aber viel besser, was sie meinte. Sie fügte deshalb ohne abzuwarten hinzu: „Das wünsche ich Dir auch“. Sie wollte noch sagen, „von ganzem Herzen“. Aber das behielt sie aus irgendeinem Grund für sich.
Arthur Trossen
Über Medi & Ator
Profis haben es längst bemerkt. Medi & Ator begegnen Fragen, die jeder Mediator in einer Mediation zu bewältigen hat. Machen sie alles richtig? Suchen Sie nach Mediatonsfehlern, wenn Sie die Geschichten als Übungsvorlage nutzen wollen. Freunde von Medi & Ator wissen, dass die Mediatoren aus Leidenschaft mit jeder Mediation besser werden. Umso schwieriger wird es in der 9. Weihnachtsgeschichte, Fehler zu erkennen.
Medi & Ator wurden erstmals Weihnachten 2012 von Arthur Trossen eingeladen, der sich diese Geschichten nicht nur als ein anregendes Trainingsmaterial ausgedacht hat, sondern auch als eine Reflexion dessen, was und wie er das Mediationsgeschehen im Berichtsjahr schwerpunktmäßig wahrgenommen hat. Die Geschichten sollen ein Geschenk an die Mitglieder des Verbandes integrierte Mediation e.V. sein und vielleicht auch ein Geschenk an die Mediation.
Medi & Ator sind längst in die Herzen der Leserinnen und Leser eingedrungen. Es gab viele Zuschriften mit der Aufforderung, die Geschichte fortzuführen, ja sogar, die Geschichten in einem Roman zusammenzuführen. Weil sie Ihre Erfahrungen gerne teilen, berichten Medi & Ator in diesem Jahr über ihr neuntes Abenteuer als Weihnachtsmediatoren.
Nutzung und Weitergabe
Sie können diese Geschichte als PDF von der Webseite herunterladen. Sie sind zur unveränderten Weitergabe der Datei oder zur Verlinkung mit einem Copyright Hinweis des Autors ausdrücklich berechtigt. Die vorangegangenen Geschichten mit Medi & Ator finden Sie auf der Webseite des Verbandes Integrierte Mediation. Ein Bildanteil (Virus) wurde von iXimus auf Pixabay verwendet.
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[…] Ator inspirieren. Sie können die Geschichte natürtlich kostenlos einsehen und herunterladen von: https://www.in-mediation.eu/weihnachtsvirus/Arthur […]
[…] Medi & Ator Episode IX […]